Die re:publica in Berlin

Die re:publica in Berlin: Von gesellschaftlichen Tendenzen eingeholt?

Vom 14. bis 16. April treffen sich Blogger und andere Experten aus 25 Ländern in Berlin, um über Datensicherheit und -Verfügensrechte, Politik, Wirtschaft und User Verhalten im Internet zu diskutieren.

Republica Berlin

Vom 14. bis 16. April treffen sich Blogger und andere Experten aus 25 Ländern in Berlin, um über Datensicherheit und -Verfügensrechte, Politik, Wirtschaft und User Verhalten im Internet zu diskutieren. Aus den ersten Beiträgen ist deutlich geworden, dass die Bewertungen der Macht von Riesen wie Google, Facebook usw. in vielen Fällen den typisch amerikanischen oder europäischen Haltungen folgen.

Das Sammeln und Nutzen von privaten Daten wird entweder gedultet oder als gefährlich eingeschätzt, ebenso ein staatliche Zugriff auf die Datensammlungen der Unternehmen. Man kann den Eindruck gewinnen, als seien die Bewertungen der Blogger und Experten bereits von den gesellschaftlichen Tendenzen eingeholt worden. Von einer Zerspitterung der Netzgemeinde, wie es in vielen Medien zu lesen gab, würde ich deshalb nicht sprechen wollen. Auch die chinesischen Interpretationen von Dissidenten stehen der amerikanschen Haltung nahe. Die vertretene Ansicht, Google habe mit dem Rückzug ein moralisches Zeichen gesetzt, das man auch von anderen Unternehmen in China erwarte, muss jedoch im politischen Kontext gesehen werden. Im Vergleich steht das Verhalten der chinesischen Regierung. Der Blick ist vermutlich aufgrund der gesellschaftlichen Verhälnisse in China politisch sehr eingeschränkt.

Als besonderes Ereignis wurde der Fachbeitrag des Psychologen Peter Kruse angekündigt. Sein Vortrag, “Wie die Netzwerke Wirtschaft und Gesellschaft revolutionieren” wurde mit Spannung erwartet. Für mich war der Beitrag enttäuschend. Im Beginn darauf aufmerksam zu machen, dass den bisweilen heftigen Diskussionen über Internet und Netzwerke verschiedene, im Streit unreflektierte Bewertungsmuster zugrunde liegen, gab noch Hoffnung. Die Revolution aber, eine prognostizierte Machtverschiebung von Anbietern hin zu Nutzern sozialpsychologisch und systemtheoretisch zu begründen, klang doch eher wie ein Theorieentwurf, schematisch angelegt, in dem viel zu wenige Fakten berücksichtigt wurden. Eine Resonanz der Nutzer kann nur dann eine Wirkung entfalten, wenn diesen Menschen auf dem Markt gleichwertige Alternativen zur Verfügung stehen: ich sehe keine in Bezug auf Google, keine in Bezug auf Facebook. Facebook stört sich herzlich wenige an einer europäischen Kritik der allgemeinen Geschäftbedingungen. Sämtliche abgelegten Userdaten, Texte, Bilder und Medien inklusive, gehen automatisch in das Eigentum der Firma über! Facebook hat gegenüber den ausbildungsorientierten oder primär beruflich genutzten Netzwerken den Marktvorteil, international ganz auf das private Verhalten der Menschen setzen zu können.

Ich habe die Befürchtung, dass auf der diesjährigen re:publica auch in nächsten Tagen nichts Entscheidendes geschehen wird. Gerne lasse ich mich allerdings belehren!